"Denken heißt
Überschreiten",
formulierte der Philosoph
Ernst Bloch feinsinnig die Notwendigkeit der geistigen Überwindung
jedweder
dogmatischer Grenzen zum Zwecke des Erkenntnisgewinns und ethischen
Reifungsprozesses.
Zweifellos trifft diese Aussage und daraus resultierende
Aufgabenstellung, so einleuchtend
wie komplex, so gnadenlos schlicht wie
anspruchsvoll, in besonderem Maße auf die Person
des Künstlers und sein Werk zu.
Denn was ist Kunst uns anderes als ein schmaler Pfad
hinaus aus dem
beschränkten, zeitgeistigen Hier und Jetzt, ein sehnsüchtiger Blick über
den
Tellerrand des kleinen, individuellen oder auch kollektiven Ichs.
Freilich setzt dieses
Überschreiten, vor allem beim schreibenden Künstler und seinem
Publikum, so es
denn erfolgreich zumindest im Sinne von "befreiend" sein soll, einen
hohen
Grad
an Utopie-Bereitschaft, Lebenshunger und unverbrämt-kindlicher Fähigkeit
zum
Staunen voraus.
Gern möchte ich mit meinem
geschriebenen Wort ein wenig dazu beitragen, die uns
umschließenden ideologischen
Konstrukte und fantasiescheuen "Beschränktheiten"
aufzuweichen, um die Welt des
Möglichen hindurch scheinen zu lassen.
"Gehe nicht, wohin der Weg führen mag, sondern dorthin, wo kein Weg ist, und
hinterlasse
eine Spur.", fordert uns Jean Paul auf. Meine Hoffnung ist
es, bei meinem Streben nach
"draußen" ganz in diesem Sinne zarte Spuren aus
Worten, Klängen und Bildern zu hinter-
lassen, denen der geneigte Leser mit wachem
Geist und allen Sinnen zu folgen vermag.
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Die literarische Triebfeder
Wir strecken uns nach den
Sternen und tauchen hinab in die Tiefen der Ozeane, zerlegen
Atome und Gene,
glauben zu wissen und hoffen auf Glauben. Doch letztlich kreisen wir
immer nur
um uns selbst, denn unser Schicksal ist es, eingesperrt zu sein in eben diese
vergänglichen, zerbrechlichen Körper und eben diesen beschränkten, menschlichen
Geist,
der wahrer Utopie unüberwindbar im Wege steht. Die Ahnung, nichts zu
wissen, ja nicht
einmal zu wissen, was wir suchen, begleitet uns auf Schritt und
Tritt. Manchmal lässt sie
uns klein und hilflos zurück. Manchmal lässt sie uns
über uns selbst hinaus wachsen in
unserem Streben nach Erkenntnis, Perfektion
und Selbstbestimmung.
Was uns bleibt, ist der demütige Blick in den Nebel hinterm Tellerrand und der
verzweifelte
Versuch, unsere Vorstellung von Realität zu formen und abzubilden.
Vielleicht sind unter allen
Künstlern wir Schreibenden die bedauernswertesten, verirrten
Geschöpfe, maßen
wir uns doch an und ergeben wir uns dem hoffnungslosen Unterfangen,
mit dem
mageren Handwerkszeug der Sprache dem Menschen zu beschreiben, was kein
Mensch
je versteht: das Leben.
Und bei aller Eloquenz,
metrischer Eleganz und rhetorischer Gewandtheit, die den
Sprachkünstler vom
Dilettanten scheiden, können unsere Worte niemals mehr sein als
farbige Linien,
wenn es uns nicht gelingt, das geheimnisvollste, unbegreiflichste Objekt
unserer
Vorstellungswelt – die Seele – zum Schwingen zu bringen. Gelingt uns dies aber
in den wenigen begnadeten Momenten unseres Schaffens, dann sind wir Schreibenden
die glücklichsten Geschöpfe und tiefer im Leben als irgendjemand sonst.
Nur für diese seltenen
Augenblicke nehmen wir den Kampf mit Worten, Kritikern und
Lemuren auf.
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